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Die Bremer Stadtmusikanten

Wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest Du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, so muss es eine Art haben", sagte der Esel zum Hahn. Wie wir aus dem Märchen wissen, sind die Bremer Stadtmusikanten in Bremen gar nicht angekommen, sondern haben sich, nachdem sie die Räuber verjagt hatten, in deren Räuberhaus niedergelassen:"Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus, den vier Musikanten gefiel´s aber so wohl darin, dass sie nicht wieder heraus wollten."

Haus zwischen Brakel und Bosseborn

Dieses Haus, so wissen die Brakeler und vor allem die Bosseborner seit Generationen, hat zwischen Brakel und Bosseborn gestanden. Das Wohnhaus, der ehemals zu beiden Seiten der Straße gelegenen Hofstelle, das abgerissen wurde, gehörte einer jüngeren Epoche an. Die Hofstelle geht auf die städtische Meierei Feldtokansen zurück, die an dieser Stelle bestand. Die Bezeichnung Feldtokansen kennzeichnet eine Wüstung, einen ehemaligen Siedlungsplatz, der 1275 erstmals urkundlich erwähnt wurde: Caddenhusen. Die Wüstung liegt im Zentrum der Bosseborner Hochfläche, oberhalb von Feldtokansen (etwa: Feld bei Caddenhusen). Entstanden war die Siedlung um 900. Als wichtigster Grundherr wird das Kloster Brenkhausen genannt. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts ist vom Wüstfallen des Ortes auszugehen.

Feldtokansen als städtische Meierei mit mehreren landwirtschaftlichen Gebäuden befand sich in der Grenzlage der Territorien von Corvey und Paderborn, ein Graben im Wald kennzeichnet die Grenze. Auch hieran soll demnächst an dieser Stelle erinnert werden. Ansonsten ist die Überlieferung über diesen Ort spärlich. Um so bemerkenswerter ist die Tatsache, dass der Platz in der mündlichen Überlieferung von Bedeutung ist.

Brüder Grimm

Das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten ist eines der bekanntesten und gehört zu der Erzählgruppe der "Tiere auf der Wanderschaft". 1819 wurde es in die zweite Auflage der Sammlung der Brüder Grimm aufgenommen.

Tatsache ist, dass die Grimms die gesammelten und ihnen zugetragenen Erzählungen bearbeiteten, umgestalteten und ihnen den unverwechselbaren "Märchenton" verliehen. Auch wenn sie durch diese Erkenntnis nicht mehr als ursprüngliche und texttreu wiedergegebene Volksüberlieferung anzusehen sind, haben die Motive gerade durch die Aufzeichnung und eingängige Bearbeitung große Popularität erhalten und sind nach wie vor "in aller Munde". Weder pädagogische Diskussionen noch psychologische Analysen konnten ihnen etwas anhaben. Märchen sind Erfolgsstories. Und nicht nur Kinder brauchen Märchen. Auch Unterhaltungsindustrie bis hin zur Werbung greifen auf Märchen, ihre Motive werden zu Emblemen. Deren bildlichen Darstellungen reduzieren die Botschaft der Texte auf ein markantes Bild, das schließlich unabhängig sogar zum Markenzeichen taugt, wie wir aus unzähligen Beispielen kennen, vom Rotkäppchen-Camembert über den Erdal-Frosch bis hin zu den "Bremer" Stadtmusikanten. An der "Deutschen Märchenstraße" reihen sich touristische Ziele unter dem Märchensaspekt aneinander.

"Aus dem Paderbörnischen"

Das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten erhielten die Brüder Grimm in mehreren Versionen zugetragen, zwei "aus dem Paderbörnischen" und eine etwas abweichende Fassung "aus Zwehrn". Letztere stammte aus dem Mund der Märchenerzählerin Dorothea Viehmann, auf die insgesamt 40 Beiträge zur Grimmschen Sammlung zurückgeführt werden.

"Aus dem Paderbörnischen" bedeutet in diesem Fall, dass es sich um Texte aus der Familie von Haxthausen und ihrem Umfeld handelt. Über 60 Märchen und Varianten wurden von den Haxthausens zu der Sammlung beigetragen. In ihren Anmerkungen zu den Märchen weisen die Grimms zu den Stadtmusikanten jedoch auch schon eine Aufzeichnung aus dem Jahr 1571 nach.

Geschichte zeigt die Kennzeichen einer Gesindeerzählung

Die Geschichte zeigt die Kennzeichen einer Gesindeerzählung: Die Tiere entsprechen den im Dienst bei der Herrschaft alt gewordenen, abgearbeiteten und durch den Verlust an Leistungskraft nutzlos gewordenen Knechten und Mägden. Mit ihrem Aufbruch, ihrem Zusammenhalt und Mut schaffen sie das fast Unmögliche. Sie überlisten die Bösen, schaffen sich ein Heim und somit ein neues Leben. Es ist eines der Märchen in der Grimmschen Sammlung, das auf die sozialutopischen Wünsche der Unterschicht in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eingeht.

Warum wollten die Stadtmusikanten nun ausgerechnet nach Bremen? In der Märchen-Forschung hat man hierfür mehrere Erklärungen gefunden. Man nimmt zum einen an, dass es sich um eine Hommage der Grimms an den befreundeten damaligen Bremer Bürgermeister Johann Smidt handelt. Zum anderen war die Hansestadt Bremen mit ihrem Überseehafen und den daran geknüpften Möglichkeiten ein Traumziel für jeden Aussteigewilligen, der sein Glück fern der Heimat in der weiten Welt suchen wollte. Desweiteren waren die Bremer "Stadt- und Raths-Musici" bekannt, die es dort seit 1339 nachgewiesen sind und die bei Festlichkeiten aufspielen mussten. Vom fahrenden Volk wollte sich diese Gruppe als zunftartig organisierter Kreis absetzen, was den Mitgliedern einige soziale Sicherheit bot. Traumjob Musiker in Bremen, also? Oder erinnert das Märchen scherzhaft eher an den schlechten Ruf der Bremer Künstler, und zeigt, dass dort jeder Esel Musiker werden konnte.

Unsere Stadtmusikanten fanden jedenfalls vorher bereits ihr Glück und die Erzählung wurde schon in den 1970er Jahren als "erste gelungene Beschreibung einer Hausbesetzung durch ein Rentnerkollektiv" bezeichnet. "Überhaupt ist zu merken, dass hier die stärkeren, wilden, mächtigen getäuscht werden, wie zwerge riesen überlisten", betonen die Grimms in ihrem dritten Band, mit Anmerkungen zu den gesammelten Texten.

Diese Szene ist es auch, die das Stadtmusikanten-Bild prägt:
"Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esel Rücken springen, die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze auf den Kopf."

Nur in dieser Position werden die Protagonisten zu Repräsentanten dieses speziellen Märchens mit sicherem Wiedererkennungswert. Als es um ein Denkmal für Feldtokansen ging, stand außer Frage, dass sich eine Darstellung auf dieses Motiv beziehen musste.

Anliegen war, hier an die Überlieferung in mündlicher Tradition, die die Grimms in die Märchenform gebracht und bekannt gemacht haben, zu erinnern, und damit die Stelle, die nicht mehr von Bebauung geprägt ist, dauerhaft zu kennzeichnen. 

Realisierung dank großzügiger Spenden

Die Realisierung wurde durch das Engagement der Stadt Brakel, des Heimat- und Museumsvereins und durch großzügige Spenden von Dr. Johannes Günther, Brakel; Schausteller Walter Schneider, Bielefeld und der Firma FSB, Brakel ermöglicht.

Der Aspekt der Verschmelzung der vier Schwachen zu einer starken Einheit und der Erfolg unter Einsatz ihrer individuellen Fähigkeiten inspirierte die Künstlerinnen Gunhild Möller und Heike Kolbus aus Paderborn zu der umgesetzten Darstellungsform als Silhouette, die in einen 2,2 Meter hohen Anröchter Kalksandstein gearbeitet wurde.

Diese Seite ist übrigens seit dem Jahr 2005 auch über die beiden nachfolgenden Internetadressen erreichbar:

www.bremer-stadtmusikanten.de

www.bremer-stadtmusikanten.com

Vielen Dank an Herrn Dr. Johannes Günter, der die beiden Adressen an die Stadt Brakel übertragen hat.