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Datum: 10.08.2020

Fachleute warnen vor Panikmache und übertriebenem Aktionismus

Letztes Jahr zeigten sich in ganz Nordrhein-Westfalen die Falter, Raupen und Nester des Eichenprozessionsspinners. Vielerorts befürchteten die Bürger gesundheitliche Schäden. Übertriebene Angst?
„Grundsätzlich ist Vorsicht im Kontakt mit den Raupen dieser Falter angebracht, generelle Angst ist aber nicht nötig.“ erläutern die Fachleute. Die Schmetterlingskundler kennen sich mit den Tieren und im Umgang mit ihnen gut aus. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können von den Haaren der Raupen hauptsächlich dann auftreten, wenn man die Tiere anfasst oder die Nester öffnet. Ab der Mitte ihres Lebens schützen sich die Raupen durch Gifthaare vor Fressfeinden. In diesen Haaren befindet sich das Eiweiß Thaumetopoein, das bei Menschen Allergien auslösen kann. Diese Allergien können mit Hautausschlag und im schlimmsten Fall mit schwerer Luftnot einhergehen. Dies setzt aber direkten Kontakt mit den Haaren voraus.

Prinzipiell können die Raupennester überall dort auftauchen, wo Eichen wachsen. Besonders beliebt bei den Tieren sind aber warme Waldränder. Die Nester sind als graue Gespinste an Eichenästen zu erkennen. – Gespinste an Schlehen oder Pfaffenhütchen sind harmlos; sie stammen von der Gespinstmotte. - Manchmal verlassen die Spinnerraupen das Nest und laufen auf Nahrungssuche wie in einer Prozession (daher der Name) hintereinander her.
„Die wichtigste Vorsichtsmaßnahme ist also: Nicht die Nester öffnen und nicht die Raupen anfassen!“ Eine Windverdriftung der Brennhaare kommt vor und kann Gesundheitsgefahren auslösen. Daher ist beim Betreten von stark befallenen Wäldern Vorsicht geboten. Der Befall ist zudem erst kurz vor der Verpuppung gut sichtbar, weil die gut erkennbaren Nester zur Verpuppung erst dann angelegt werden. Vorher sitzen die Raupen in offener Gruppe an starken Ästen oder dem Stamm der Eichen.
Bereits letztes Jahr haben verantwortungsbewusste Behörden befallene Bäume mancherorts mit einem Hinweisschild markiert, um unbeabsichtigten Kontakt durch die Bevölkerung zu vermeiden. Diese Maßnahme bezeichnen die Experten als in der Regel vollkommen ausreichend, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Auch lokal begrenzte Absperrungen (z. B. durch Flatterband) sind denkbar. An belebten Plätzen können die Nester gegebenenfalls durch Fachkräfte entfernt werden.
Vollkommen unangebracht sind Einsätze von Insektiziden, auch nicht mit sogenannten biologischen Mitteln (z.B. Bacillus thuringiensis-Präparate). Mit diesen Mitteln werden nämlich nicht nur die Prozessionsspinnerraupen, sondern auch andere Insekten vernichtet, also auch die möglichen Fressfeinde, Nützlinge sowie seltene und gefährdete Arten. Die Fachleute halten die genannten Vorsichtsmaßnahmen für den Gesundheitsschutz für vollkommen ausreichend und bitten alle Bürger und Behörden, sich darauf zu konzentrieren und nicht den Einsatz von Insektiziden zu fordern. Dies ist auch auf dem Hintergrund des nachgewiesenen Insektensterbens absolut unverständlich und nicht akzeptabel.