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Datum: 25.01.2022

Einbringung Haushalt 2022: Ausgleichsrücklage schmilzt weiter

"Für die Jahre 2023 bis 2025 muss mit weiter stark steigenden Defiziten gerechnet werden", berichtete Bürgermeister Hermann Temme den Mitgliedern des Rates bei der Einbringung des Haushaltes 2022 am Montagabend. Sollten sich die prognostizierten Ergebnisse bewahrheiten, werde die Ausgleichsrücklage bis zum Jahr 2024 aufgebraucht sein und eine Reduzierung der allgemeinen Rücklage die Folge", so der Ausblick von Bürgermeister Hermann Temme und Kämmerer Dominik Schlenhardt.

Stadt Brakel ist bisher „mit einem blauen Auge“ durch die Pandemie gekommen

Bürgermeister Temme führte fort, die Erträge aus Schlüsselzuweisungen bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau, es sei aber zu bedenken, dass das Land NRW einen Teil der Verteilungsmasse im Rahmen einer „Vorfinanzierung“ aufgestockt habe, um die Kommunen in der aktuellen Situation vor weiteren Einnahme-Ausfällen zu bewahren. Diese vorfinanzierten Mittel sollen in "besseren Zeiten" zu Lasten der Kommunen wieder in Abzug gebracht werden und den Kommunen somit nach der Krise auf der Ertragsseite fehlen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gewerbesteuer seien deutlich milder ausgefallen als erwartet, berichtete Temme. Diese Feststellung könne allerdings nur vorbehaltlich der noch erwarteten Abrechnungen des Jahres 2020 getroffen werden, denn erst dann stehen die tatsächlichen Auswirkungen der Krise auf die heimische Wirtschaft fest. "Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, die Stadt Brakel ist bisher „mit einem blauen Auge“ durch die Pandemie gekommen, so Hermann Temme. Die beherrschende Größe auf der Aufwandsseite stelle die Kreisumlage dar. Mit einem Haushaltsansatz in Höhe von 15 Millionen Euro sei hier auch in diesem Jahr eine erhebliche Steigerung in Höhe von 870 Tausend Euro zu verzeichnen, hervorgerufen durch die weiter steigenden Sozialkosten. Die Erhöhung der Personalkosten sei im Wesentlichen in der Übernahme von 23 Planstellen der Caritas für die Bereiche der Offenen Ganztagsschule sowie die Flüchtlingsbetreuung begründet. Der Aufwand würde aber an anderer Stelle durch wegfallende Kostenerstattungen eingespart. Insgesamt weist der Haushalt 2022 im Ergebnisplan einen Fehlbetrag von 2,7 Millionen Euro aus.

Hohes Investitionsvolumen geplant   

Die geplanten Investitionen schlagen mit einem Gesamtvolumen von 26,5 Millionen Euro zu Buche, eine bislang unerreichte Größenordnung, so der Ausblick des Bürgermeisters. Begründet sei diese Rekordsumme allerdings darin, dass Investitionen in Höhe von 9 Millionen Euro aus den Vorjahren übernommen wurden. Die größten Maßnahmen werde es im Bereich der Wasserversorgung durch den Neubau des „Hochbehälters Brakel“, die Erschließung des Gewerbegebietes Brakel-West-Riesel, die Ertüchtigung der Kläranlage im Zusammenhang mit der 4. Reinigungsstufe und die Erschließung des Baugebietes im Bohlenweg geben. Als weiteren Schwerpunkt der Investitionstätigkeit erläuterte Temme die geplanten Maßnahmen beim Straßenvermögen mit 4,9 Millionen Euro. Die Verfügbarkeit von Bau- und Gewerbegrundstücken solle weiterhin garantiert werden, insgesamt 2,8 Millionen Euro wurden daher für den Erwerb entsprechender Flächen veranschlagt. Aber auch die Weiterentwicklung und Digitalisierung der städtischen Schulen habe die Stadt im Blick, so dass hier 1,9 Millionen Euro eingeplant wurden. In Sachen Hochwasser- und Brandschutz seien zum Schutz der Bevölkerung insgesamt 2,6 Millionen Euro vorgesehen worden. Jeweils 1,1 Millionen Euro an Investitionen sollen die Attraktivität von Stadthalle und Dorfgemeinschaftshäusern weiter steigern. "Nicht zuletzt soll viel Geld in unsere Kindertageseinrichtungen fließen, unter anderem für die Installation von Lüftungsanlagen zum Schutz der Kinder und Beschäftigten", so der Ausblick des Bürgermeisters. Gebührenerhöhungen werde es im Jahr 2022 nicht geben, so Temme, lediglich die Grundsteuern A und B sowie die Hundesteuer werden angehoben. "Leider fällt die Gesamtbetrachtung des Haushaltsplanes 2022 und der Ausblick auf die Folgejahre eher bedrückend aus, denn das Ausmaß der prognostizierten Fehlbeträge lässt eigentlich nur eine Schlussfolgerung zu: Die Haushaltssicherung ist aus heutiger Sicht in den kommenden Jahren kaum zu vermeiden", so Bürgermeister Hermann Temme abschließend.

Es droht keine Aufnahme von Kassenkrediten

Brakeles Kämmerer Dominik Schlenhardt führte aus, im Hinblick auf das Gesamtinvestitionsvolumen von rund 26 Millionen Euro verbleibe bei der Stadt trotz einer weiterhin hohen Förderquote ein zu leistender Eigenanteil in Höhe von gut 17 Millionen Euro, finanziert durch entsprechende Investitionskredite. Die Stadt Brakel liege allerdings selbst unter Einbeziehung der neu veranschlagten Kredite deutlich unter dem Durchschnitt der landesweiten Verschuldung. Eine Aufnahme von Kassenkrediten drohe durch die Veranschlagung der Investitionskredite vorerst nicht. Fraglich bleibe allerdings, inwiefern es überhaupt möglich sein wird, das geplante Investitionsvolumen auch umzusetzen.

"Der Ergebnisplan 2022 sieht ein erhebliches Defizit von rund 2,7 Millionen Euro vor", erklärte Dominik Schlenhardt. Auch der Blick auf die Folgejahre stelle sich leider dramatisch dar, denn es werde ein extremer Anstieg der Fehlbeträge erwartet. Trotz der weiterhin bestehenden Möglichkeit der Isolierung der coronabedingten Mehrbelastungen zeigen sich keinerlei Verbesserungen, darin begründet sei auch die große Alarmwirkung der prognostizierten Jahresergebnisse. Die bilanzielle Hilfsposition führe zwar letztendlich zu einer Schonung der Ausgleichsrücklage, verzerre allerdings auch das Bild über die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Kommunen. "Die Ertragssituation stellt sich stabil dar, insgesamt kann sogar eine leichte Steigerung von rund 900 Tausend Euro verzeichnet werden“, so Schlenhardt, neben stabilen Erträgen aus Schlüsselzuweisungen führe hier vor allem die erhöhte Kostenerstattung des Landes zur Flüchtlingsunterbringung zu einer finanziellen Verbesserung.

Ausschlaggebend für das hohe Defizit seien die Aufwendungen, die mit einer drastischen Steigerung in Höhe von 1,8 Millionen Euro zu Buche schlagen. Als weitere kostenaufwendige Umlage komme hier ab dem Jahr 2023 die Finanzierung des NPH-Nahverkehrsbundes auf die Stadt Brakel zu. Hier wird ein hoher, sechsstelliger Betrag an Mehraufwendungen erwartet, den es zu stemmen gilt. Das Fazit sei leider ernüchternd, denn die geplanten Defizite steigen trotz der vom Gesetzgeber geschaffenen Erleichterungen in ungeahnte Dimensionen. Ab dem Jahr 2026 entfallen dann auch für die Stadt Brakel die bilanziellen Hilfen, die die Kommune derzeit noch über Wasser halten, so die wenig ermutigende Prognose des Kämmerers. Die kreisweit eingebrachten Haushaltspläne weisen allesamt hohe Defizite auf, so dass der Weg in die Haushaltssicherung über kurz oder lang für die Kommunen unausweichlich scheine.

Reserven der Ausgleichsrücklage werden herangezogen

Bürgermeister Temme zog abschließend das Fazit, dass es für den Moment darum gehe, die bislang angehäuften Reserven in Form der Ausgleichsrücklage zu nutzen. Bei der festzustellenden Unterfinanzierung handele sich letztendlich um ein strukturelles Problem, welches von Politik und Verwaltung vor Ort nicht zu lösen sei. Mit Verweis auf das Konnexitätsprinzip stellte er ganz klar heraus, dass die von Bund und Land beschlossen Leistungsgesetze die kommunalen Kassen stark belasten, hier bedürfe es dringender Lösungen für die kommunale Ebene. Sollte der heutige Ausblick auf die kommenden Jahre wirklich zur Realität werden, müsse es in jedem Fall grundsätzliche Veränderungen geben, denn die Zahl der Städte und Gemeinden in der Haushaltssicherung werde spürbar zunehmen. Es sei beängstigend zu sehen, dass kerngesunden Kommunen wie die Stadt Brakel die Haushaltssicherung drohe. Für Politik und Verwaltung gelte es daher umso mehr, die Köpfe nicht in den Sand zu stecken, sondern weiterhin aktiv nach Lösungen zu suchen, um in diesen schwierigen Zeiten zu bestehen, so der abschließende und zuversichtliche Appell des Bürgermeisters.

Gegen den Entwurf der Haushaltssatzung und ihre Anlagen können Einwohner oder Abgabepflichtige in der Zeit vom 26.01.2022 bis 25.02.2022 Einwendungen schriftlich oder zur Niederschrift beim Bürgermeister (Fachbereich Zentrale Dienste, Finanzen) in 33034 Brakel, Rathaus, Zimmer 13, erheben. Über diese entscheidet der Rat der Stadt in öffentlicher Sitzung. Zur Bekanntmachung gelangen Sie hier.

Den Entwurf der Haushaltssatzung für das Jahr 2022 finden Sie hier. Bitte beachten Sie im Hinblick auf den Download die Dateigröße (27 Megabyte).