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Mäken von Brakel

"O hilge sünte Anne help mie doch bald tom Manne."

Es hält sich in Brakel die Sage, dass die Heilige Anna unverheirateten Mädchen zu einem Mann verhelfen könne.

Das Märchen »Das Mädchen von Brakel« ist ursprünglich eine Geschichte in Brakeler Dialekt. Die Brüder Grimm veröffentlichen das Märchen in ihrer zweibändigen Sammlung »Kinder- und Hausmärchen«. Die beiden Bücher erscheinen in der Romantik einer literarischen Epoche in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm erfahren durch Erzählungen mit anderen Gesprächspartnern von den Märchen und Sagen. Etwa achtzig Märchen der Sammlung werden ihnen durch die Brakeler Adelsfamilie von Haxthausen zugetragen.

Es kommt nur zwei Fällen vor, dass Märchen in der Sammlung der Brüder Grimm einen Stadtnamen im Titel führen, Brakel ist einer davon.

Schauplatz der Märchenhandlung von »Das Mädchen von Brakel« ist die St. Annenkapelle. Sie befindet sich am nördlichen Rand der Kernstadt von Brakel. Zum kirchlichen Fest »Annentag« wird die wertvolle Figurengruppe Mutter Anna mit Kind auf dem Altar der Kapelle präsentiert. Das dargestellte Kind ist die Heilige Maria, Mutter des Jesus Christus.

Das Mädchen aus den Brakeler Märchen, hat die Stadt Brakel auf den Namen "Anneken" getauft.Als Symbolfigur "Anneken" sind aktuell die Brakeler Frauen Anna-Lena Volmer und Anika Marx für die Stadt Brakel unterwegs.

Am Brunnen auf dem Marktplatz ist das Märchen in einer der beiden Figurengruppen dargestellt.

In der bekannten und gekürzten Buchausgaben der "Kinder- und Hausmärchen" ist das Brakeler Märchen nicht übernommen. Für all diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, ist sie hier in Dialekt und in hochdeutsch wiedergegeben:

Mäken von Brakel- Das Märchen

Et gien mal'n Mäken von Brakel na de sünt Annen Kapellen uner de Hinnenborg, un weil et gierne'n Mann heven wulle un ock meinde, et wäre süs neimes in de Kapellen, sau sank et:

"O hilge sünte Anne"
help mie doch bald tom Manne.
Du kennst'n ja wull:
He wuhnt var'm Suttmerdore,
hed gele Hore:
du kennst'n ja wull."

De Köster stand awerst hünner de Altare und höre dat, da rep he mit ner gans schrögerigen Stimme:

"Du kriggst'n nig, du kriggst'n nig!"

Dat Mäken awerst meinde, dat Marienkinneken, dat bie de Mudder Anne steiht, hedde üm dat to ropen, da wor et beuse und reip:

"Pepperlepep, dumme Blae, halt de Schnuten und lat de Möhme kühren."

Überetzung:

Es ging mal ein Mädchen von Brakel zur St. Annenkapelle unter der Hinnenburg; weil es gerne einen Mann haben wollte und auch meinte, es sei niemand in der Kapelle, so sang es:

"O heilige Sankt Anne,
so helf' mir doch bald zum Manne.
Du kennst ihn ja wohl:
Er wohnt vor dem Sudheimer Tore,
hat blonde Haare (Hoore),
du kennst ihn ja wohl."

Der Küster stand aber hinter dem Altar und hörte das, da rief er mit kieksiger Stimme (=Kinderstimme):

"Du kriegst ihn nicht, du kriegst ihn nicht!".

Das Mädchen aber meinte, dass Marienkind, das bei der Mutter Anna steht, hätte ihm das zugerufen, da wurde es böse und rief:

"Papperlapap, dummes Blag, halt das Maul und laß die Mutter reden!"